Sonntag, 13. Oktober 2013

Speit: Ein Verbot würde der NPD den finanziellen Boden entziehen

Andreas Speit über ein Verbotsverfahren und die Versäumnisse am rechten Rand

Es wird wieder über ein Verbot der NPD diskutiert. Deswegen möchte ich an dieser Stelle noch einmal mein Interview mit Andreas Speit veröffentlichen, weil er das wesentliche Argument liefert.
Seit Jahren recherchiert Andreas Speit zusammen mit Andrea Röpke am rechten Rand der Bundesrepublik, mitunter unter Lebensgefahr. Ihre Bücher sind durchweg eine aktuelle Beschreibung der rechten Szene, die auch mit überholten Bilder aufräumen. Das Autorenduo hat schon 2008 den Weg der Rechten in die Mitte der Gesellschaft beschrieben, lange bevor die Politologen ähnliches konstatierten. Wie Recht damithaben, zeigte unter anderem die ÜB-Wahl in Goslar, bei der fast 7 Prozent für den NPD-Kandidaten Kallweit stimmten.
Den Kollegen an das Telefon zu bekommen, war gar nicht so einfach. Als es dann klappte, wurde unser Gespräch ständig unterbrochen. Das lag aber mehr an der schlechten Verbindung. Somit hatte dieses Interview den Hauch eines konspirativen Treffens. Das Interview fand im Dezember 2011 statt.

Herr Speit, welche Folgen hätte ein Verbot der NPD für die rechtsextreme Szene?

Es wäre in erster Linie ein Signal der Demokraten in die Mitte der Gesellschaft: Bis hierhin und nicht weiter. Aber darüber hinaus würde es die Szene finanziell schwer treffen. Mit einem Verbot würde es natürlich keine ERstattung der WAhlkampfkosten geben. Sie müssen bedenken, dass sich die NPD zu 48 Prozent aus öffentlichen Mitteln finanziert. Dabei nutzt sie die Gesetze aus, denn es gilt ein 50-Prozent-Grenze.

Mit dem Gesetz statt gegen das Gesetz. Hat sich die Strategie der Neonazis geändert?

Was sich geändert hat, das ist erst einmal das Erscheinungsbild. Die Rechtsextremen unterlaufen schon seit langer Zeit die Klischees. Wir haben es nicht mehr mit gröhlenden und berunkenen Skinheads zu tun. Die führenden Köpfe sind gebildet und zunehmend in der Gesellschaft verankert. Dies spiegelt sich im neuen Bundesvorstand der NPD wider. Auch die Frauen nehmen eine aktive Rolle in der sogenannten Bewegung ein. Ricarda Riefling ist ein Beispiel für diese Strategie und sie wurde bewußt in den neuen Vorstand gehoben.
 Zudem verfolgt die NPD nun die Strategie, sich langfristig kommunal zu verankern. Ein Teil ist das ehrenamtliche Engagement in Vereinen und sozialen Initiativen. Da sagt sich vielleicht mancher Wähler Ach, die sind ja nett, die kann ich wählen". Das sind dann die Nazis in Nadeltreifen, die dennoch gewaltbereit bleiben.

Schon 2008 warnten Speit und Röpke vor
den Nazis in Nadelstreifen. Foto: Verlag
Was ist an dieser Strategie so gefährlich?

Junge Frauen aus dem Spektrum der Rechtsextremen, also zum Beispiel vom Ring Nationaler Frauen gehen gezielt in erzieherische Berufe.Damit erfüllen sie einerseits das eigenen Rollenbild, aber andererseits nehmen sie natürlich auch Einfluss auf die Kinder und deren Eltern. So können sie mit staatlicher Unterstützung ihre eigenen Normen vorleben und Werbung betreiben.
Aber in diesem Zusammenhang: Beate war bestimmt kein unschuldiges Terrorliebchen. Sie hat 13 Jahre lang aktiv im Untergrund gelebt

Was kann dagegen tun?

Wir brauchen eine Kultur der Widerworte. Wenn im Verein oder in der Öffentlichkeit Rechtsextreme ihre Ideologien verbreiten, dann muss man widersprechen. Wenn sich einer traut, dann trauen sich auch andere. Die Erfahrung zeigt, das Nazis sich bestätigt und bekräftigt fühlen, wenn man ihnen die verbale Offensive überlässt.

Sind Sie überrascht über all die Versäumnisse der Polizei und dere Verfassungsschützer, die im Zusammenhang mit der Zwickauer Terrozelle an den Tag gekommen sind?

Nein, ich bin eher überrascht über all die Überraschungen,die mancher Politiker angesichts der Enthüllungen an den Tag legt. Spätestens seit 1989 hat sich am rchten Rand unter dem Stichwort "Bewaffneter Widerstand" einiges zusammengebraut. Denken Sie nur an die diversen Waffenfunde in den letzten Jahren. Da muss man eingestehen, dass nun am rechten Rand sich etwas verdichtet hat, was schon lange vorhanden war.
Z war hat das Internet hat seit Anfang der 90er Jahre den Austausch von Tipps für das Leben im Untergrund vereinfacht. Aber das Problem des Rechtsterrorismus gibt es doch schon seit den 70er Jahren. Ich nenne da nur die Wehrsportgruppe Hoffmann als ein Beispiel.

Die Polizei hält die Szene in Südniedersachsen über überschaubar. Teilen Sie diese Meinung?

Andrea Röpke und ich, wir beobachten die Vorkommnisse in Südniedersachsen schon seit geraumer Zeit, weil es für die Szene eine wichtige Region ist. Die Kameradschaft ist sehr stabil und nicht mehr von einzelnen Personen abhängig und zudem ist die Szene gut vernetzt. Die Strukturen bestehen seit Jahren, sind gefestigt und können den Wegfall einzelner Mitglieder verkraften. Ich möchte zudem daran erinnern, das vor zwei Jahren auch Waffen bei Neonazis im Südharz gefunden wurden.
Trotz aller persönlichen Streitigkeiten gibt es immer wieder gemeinsame Aktionen. Wenn es um die große Sache geht, dann ist man sich wohl einig.

Herr Speit, ich danke ihnen für das Gespräch.


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