Dienstag, 25. August 2020

Ich habe mir das Goggeln abgewöhnt

Er gehört zu den Besten weltweit und mit seiner Band B. B. & The Blues Shacks hat Andreas Arlt im Schnitt 100 Konzert pro Jahr gespielt. Das ist nun vorläufig vorbei. Ich sprach mit ihm über Zwangspausen und  Unterstützung. 


Andreas  was macht man in diesen Zeiten als Musiker?

Man wartet, dass es wieder losgeht, dass man wieder in den normalen Trott kommt, das man Konzerte unter normalen Bedingungen spielen kann. Aber die Aussichten sind nicht rosig.

Anfang habe ich noch an den Nachrichten gehangen und auf Neuigkeiten gewartet, aber mittlerweile habe ich mir das Googeln abgewöhnt 


Wie lange wird es dauern?

Es heißt ja immer, warten bis es einen Impfstoff gibt. Dazu gibt es sehr differenzierte Äußerungen. Die einen sagen bis Herbst, die anderen nächstes Jahr. Einige sagen sogar: Nie. Von daher rechne ich sogar mit mindestens zwei Jahren. 


Andreas Arlt ist enttäuscht über die
Unterstützung, die Künstler bekommen. 
Wie kann man unter diesen Umständen eine Perspektive aufrecht erhalten?

Wir machen das schon seit 30 Jahren und wir machen das nicht, um Geld zu verdienen. Musik ist für uns eine Passion und da kann man sich mit Musik bei Laune halten.

Alles andere drumherum ist frustrierend. Nicht mehr in Bandbus einsteigen, die Raststätten abfahren, Bühne aufbauen, ins Hotel einchecken. All die Sachen, die man früher gehasst, die vermisst man nun. Auch das zusammensitzen im Bus, das ist eigentlich eine tolle zeit, was man bisher so noch nicht wahrgenommen hat. 


Wie vertreibt ihr euch die Zeit?

Jeder bleibt an seinen Instrument am Ball. Ich habe jede menge komponiert und online-Unterricht gegeben. 

Ich habe vor allem viele Anträge gestellt und Formulare ausgefüllt. Wir haben uns auch getroffen, um mal die Perspektiven abzustecken. 


Wie sind eure Erfahrungen mit Streaming?

Der Zauber war schnell vorbei. Die Leute haben sich erst gefreut, dass überhaupt etwas passiert. Unsere Fans haben uns da auch unterstützt mit Geld. Aber letztendlich ist es eine befremdliche Situation. du spielst in eine Kamera rein und bist nicht so locker wie sonst und keiner applaudiert. Es gibt kein Feedback, keine Kommunikation, keine Interaktion zwischen Musiker und Publikum. Aber das ist doch eigentlich das Wesentliche. 

Auch der Ausweg Autkino ist nicht zufriedenstellend. Wir haben ein Konzert gespielt und das war auch nicht viel besser. Die Leute haben gehupt und mit den Scheibenwischern gewunken, aber auch das ist nicht dasselbe wie ein richtiges Konzert. Also bleibt das Auto-Konzert ein einmaliges Ding.


Das Stichwort Anträge ist schon gefallen. Wie sieht die Unterstützung für Berufsmusiker aus?

Alle Anträge, die ich gestellt habe, sind kommentarlos abgelehnt worden. 

Nehmen wir doch mal die GEMA. Dort bin ich seit 1994 außerordentliches Mitglied und generiere nennenswerte Einnahmen. Da ich von Musik lebe, hätte ich Anspruch auf die Ausschüttungen aus dem Sonderfond. Doch die GEMA zahlt die Gelder nur an Leute aus, die nicht so hohe Tantiemen haben. Der Rechtsanwalt, der mal zwei Songs angemeldet hat, aber ansonsten von seiner Kanzlei lebt bekommt Geld, während ich als Berufsmusiker in die Röhre schaue.

Die einzige Hilfe, die ich bisher bekommen habe, sind 250,- Euro aus dem GVL-Fond.


Wie sieht die Situation für die Band aus?

Als Band sind wir eine GbR und haben die Mittel bekommen, die man als Gesellschaft bekommt. Aber das sind eben nur die Betriebskosten und die müssen wir dann auch zurückzahlen. 


Da gab es aber doch die Zahlung von .9.000 Euro.

Ja, wir haben eine Liquiditätshilfe bekommen. Davon müssen wir aber 7.800 Euro zurückzahlen, weil wir über unser  Merchandising Umsatz hatten. Sollten die Gelder aus den Streaming-Konzerten nicht als Spenden anerkannt werden, dann müssen wir alles zurück bezahlen.


Wie fühlt man sich da als Musiker.

Ich komme mir veräppelt vor. Ich zahle ordentlich in die Kassen ein und bekomme nun nichts. Diese ganzen Hilfsfonds sind aufgelegt worden, um gesunde Unternehmen zu erhalten. Das sehe ich in unserem Falle nicht. 

Andre, unser Schlagzeuger, musste jetzt Hartz IV beantragen. Von einen gesicherten Einkommen auf Regelsatz zu fallen, das ist hart. Wenn wir in den kommenden Wochen ein paar kleiner Auftritte haben, dürfen wir ihm keine Gage auszahlen, da die sofort angerechnet wird.

Das Versprechen war, dass mit den Hilfspaketen intakte Unternehmen am leben erhalten werden sollen. Als Band waren wir ein intaktes Unternehmen, aber die Hilfe sehe ich nicht. 


Sind die Musiker in der Corona-Krise die Vergessenen? 

Nicht nur die Musiker, die ganze Kultur- und Veranstaltungsbranche. die Tontechniker, die Security, die Caterer. Man macht sich normal keinen Kopf darüber, welcher Rattenschwanz da noch dran hängt.  . 


Noch eine Frage zur Perspektive: Wenn die Krise eines Tages zu Ende sein sollte, wird es dann noch Clubs und Bands geben?

Es wird bestimmt nicht mehr so viele geben. Die Clubs stehen unter extremen Existenzdruck und für die jungen Leute tut es mir leid. Ich hoffe das Beste, aber es wird bestimmt nicht mehr so viele Clubs und Diskos geben wie vor Corona. .


Vielen Dank für das Gespräch. 

Dienstag, 5. Mai 2020

"Wir sind sehr zuversichtlich"


Die Oase in der Corona-Wüste 2020

Die Theater sind zu und der Sommer 2020 wird ein Sommer ohne Festivals. Aber eine Ausnahme könnte es geben: Das Theaternaturfestival in Benneckenstein. Intendant Janek Liebetruth ist zuversichtlich.

Herr Liebetruth, trifft sich die Theaterwelt in diesem Sommer in Benneckenstein?

Ich gehe nach derzeitigen Stand davon aus.

Was macht Sie so zuversichtlich?

Wir haben bis zur ersten Aufführung am 7. August noch drei Monate Zeit. Zudem hat Sachsen-Anhalt die Grenze für Großveranstaltungen bei 1.000 Besucher gezogen. In diesen Bereich kommen wir ja nie hin. Natürlich erarbeiten wir derzeit ein Konzept, mit dem die Hygieneregeln gewährleistet sein werden und wird sind im Kontakt mit der Landesregierung.

Was hat Theaternatur, was andere Festivals nicht haben? 

Zum einen der späte Termin. Normalerweise sind im August alle anderen Festivals vergleichbarer Art schon durch, wenn wir starten.
Zum anderen kommt uns nun unsere überschaubare Größe und unsere Struktur zu Gute. Wir sind wesentlich flexibler und können schneller reagieren als große Festivals, die einen Vorlauf von einem Jahr und mehr haben.
Er ist sehr zuversichtlich.
Foto: Kügler

Wie wirkt sich die Corona-Krise auf das Programm aus?

Wir mussten durchaus Änderungen vornehmen weil es immer noch Unwägbarkeiten gibt. Das betrifft vor allem die Anreise ausländischer Ensemble. Aber wir haben bereits Ersatz gefunden. Das Motto bleibt bestehen und das gilt im Großen und Ganzen auf für das Programm. Aber wie es genau aussehen wird, dazu werde ich mich erst Ende Mai äußern, wenn alles sicher ist.

Das Theaternatur-Festival stellt seine Bühne fremden Ensembles zur Verfügung. Was steckt dahinter?

Das ist eine Art Dankeschön und ein Zeichen der Solidarität. Wir konnten in den letzten Jahren auf zahlreiche Gastspiele bauen und nun wollen wir diesen Ensembles etwas zurückgeben und ihnen unsere Bühne als Plattform zur Verfügung stellen.

Wie groß ist die Nachfrage?

Sie ist größer als gedacht. Wir hatten jetzt zum Wochenende mehr als 30 Bewerbungen. Nun müssen wir auswählen. Auch das Ergebnis gebe ich erst Ende Mai bekannt.

Wie lautet ihre Prognose für Theaternatur 2020?

Ich gehe davon aus, dass wir gut besucht sein werden. Die Leuten dürsten nach Kultur, nach Theater und nach Musik ohne Streaming.

Vielen Dank für das Gespräch.