Sonntag, 4. Oktober 2015

Nicht der Logik beugen

Ein Gespräch über den Propheten und Menschen Mohammed

Bei solch einem Angebot kann man nicht Nein sagen, aus unterschiedlichen Gründen.  Als ich also die Chance bekam, mit Hamed Abdal-Samad zu sprechen, ergriff ich die Gelegenheit gleich beim Schopfe, sagte Ja und kramte alles hervor, was ich aus dem Studium noch über die Entstehung des Islams wusste.

Bei unserem Telefonat zeigte sich Hamed Abdel-Samad ganz als zurückhaltender und leiser Gesprächspartner, der sich auch die Mühe machte, mir Laien Zusammenhänge  zu vermitteln. Dabei hatte es mir sein Schlusswort besonders angetan.

Herr Abdal-Samad, warum dieses Buch jetzt?

Von jetzt kann nicht die Rede sein. Ich habe lange Jahre an diesem Werk gearbeitet. Die Idee kam mir bereits 2005. Damals arbeitete ich an der Universität Erfurt und habe mir zum ersten Mal unter wissenschaftlichen Apsketen die Frage gestellt „Woher kommt der Islam?“. Der Auslöser war meine Beschäftigung mit der Ostkirche, mit der jüdischen und mit der persischen Tradition, die sich im frühen Islam wiederfinden. Die Recherchen waren vielfältig und langwierig, weil ich mich nur auf die Primärliteratur verlassen wollte. Deswegen habe ich so lange für dieses Buch gebraucht.

Ich wollte ein menschliches Buch schreiben schreiben, ein Buch das Mohammed al Menschen zeigt. Denn der Prophet hat viele Dinge getan, die ich als verwerflich bezeichnen möchte. Für mich ist ein zentrales Problem, dass sich viele Muslime nicht von der Unantastbarkeit des Propheten lösen können.
2010 habe ich im Rahmen der Recherchen Kurt Westergaard getroffen, den Zeichner, der den Streit um die Mohammed-Karikaturen ausgelöst hatte. Dadurch habe ich viel gelernt über die menschliche Sicht auf auf Übermenschen.


Ihr Buch trägt den Untertitel „Ein Abrechnung“. Warum?

Hamed Abdel-Samad möchte einen
toleranten Islam.  Fotos: Verlag 
Es geht mir schon um die Frage, warum viele Muslime sich nicht von der Unantastbarkeit des Propheten lösen können. Es geht mir aber auch darum, mit den Mitteln der Vernunft und der Überzeugung die Sonderstellung des Menschen Mohammed zu belegen.

Ein wichtiges Erlebnis während meiner Recherchen war 2010 die Begegnung mit Kurt Westergaard, dem dänischen Karikaturisten, der den Streit um die Mohammed-Zeichnungen auslöste. In den Gesprächen mit Westergaard habe eine andere Perspektive auf das menschliche Tun erfahren. Die Fage, ob es schlimmer ist, Menschen zu töten oder einen bestimmten Menschen zu zeichnen, die stellt sich mir eigentlich nicht mehr.


Sie sagen, ihr Buch hat den Menschen Mohammed als Thema. Was für ein Mensch war der Prophet denn?

Im Grunde genommen geht es um 3 Mohammeds oder viel mehr die um drei Aspekte einer Person. Da ist die historische Figur des Händlers und Kriegsherren. Er lebte in einer realen Welt und ist sicher keine Erfindung. Es wäre unmöglich gewesen, so viele gleich lautende Erzählungen an so unterschiedlichen Orten zu implementieren. Dieser Mohammed ist ein Teil des Kollektivgedächtnis. Das muss man anerkennen, auch wenn er später durch die Umayyaden und die Abbassiden instrumentalisiert wurde.

Dann geht es um den Propheten Mohammed, den Stifter einer Religion, den letzten Boten Gottes.

Aber es geht vor allem um den verschwiegenen Mohammed, den Ausgestoßenen und psychisch Kranken, der für so viele Widersprüche im Islam verantwortlich ist. Diese drei Figuren führe ich in meinem Buch zusammen und mein Anspruch, ist es, ein Psychogramm des Menschen Mohammed zu liefern.


Wie trennen Sie Mythos und Mensch voneinander?

Ich stütze mich auf die Primärliteratur, auf Berichte aus dem 6. und 7. Jahrhundert. So kann ich den historischen Kern herausarbeiten und das Verhältnisse von Legende und Realität deutlich machen. Dabei geht es mir auch um den Wahrheitsgehalt der arabischen Mastererzählung.


Worin besteht diese arabische Mastererzählung?

Mohammed einte die Araber, er war der Begründer einer Hochkultur und der Grundpfeiler einer toleranten Gesellschaft und blühenden Wissenschaft.

Die arabische Hochkultur gab es aber schon vor Mohammed, ebenso die Wissenschaft als Erbe der Antike. Die Profite kamen hingegen viel später, ebenso die islamische Kultur, als die arabischen Eroberer die vielfältigen Traditionen der eroberten Länder aufgriffen.


Wollen Sie einen Islam ohne Mohammed?

Seit 1. Oktober im Handel.
Nein, das geht gar nicht. Aber ich möchte zeigen, das Mohammed nicht als Vorbild taugt, nicht als Vorbild für einen Islam des 21. Jahrhunderts. Es geht darum, die historische Person zu relativieren und sie nach den Maßstäben ihrer Zeit zu bewerten. Dies muss man tun können, ohne um sein Leben zu fürchten.

Vielmehr möchte ich den Islam den Menschen näher bringen und wegkommen von der schwierigen Sprache der Theologen. Jeder normale Mensch soll sich seine normale Meinung über den Islam bilden können. Es geht mir um eine grundlegende Reform des islamischen Hauses, da reicht es nicht, die Fassade in einer neuen Farbe anzustreichen.


Warum ist Mohammed nicht als Vorbild geeignet?

Ich denke, dass wir in dieser globalisierten Welt eine offenen Islam brauchen, einen toleranten Islam. Aber dies geht nicht mit einer Überhöhung des Propheten. Schauen Sie sich die Bespiele in meinem Buch an. Es gab keine Toleranz in Medina und es gab keine Toleranz in Mekka. Ganz im Gegenteil, Mohammed hat die Saat der Intoleranz gesät. Dies wirkt noch heute nach. Schauen Sie nach Saudi-Arabien und schauen Sie auf den IS. Der spielt historische Vorbilder 1:1 nach. So hat auch Mohammed versucht, die kulturelle Zeugnisse der vorislamischen Gesellschaften auszulöschen. Hier müssen wir das Kind beim Namen nennen


Damit gehen Sie aber wieder ein hohes persönliches Risiko ein.


Dessen bin ich mir bewusst. Aber ich will mich nicht der Logik des Terrors beugen und schweigen. Eigentlich bräuchten wir ganz viele Zeichner, die ihr Bild des Propheten malen. Dann wäre nicht nur das Risiko verteilt und dann bräuchte ich auch nicht mehr solche Bücher schreiben.


Darum geht es: Das Buch
Der Hamed Abdel-Samad bei wikipedia

Das sagt der Harzer Kritiker  dazu.

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