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Das Glück im richtigen Moment finden

Bernd Stelter gilt als nachdenkliche Frohnatur. Derzeit ist er mit seinem Programm „Hurra, ab Montag ist wieder Wochenende!“ unterwegs. Ich sprach mit ihm über Morgenmuffel und die 5 Ls, die das Leben lebenswert machen.


Herr Stelter, was bedeutet es für Sie, wieder auftreten zu dürfen?

Ich brauche das Live-Erlebnis, den Austausch mit dem Publikum. Deswegen freue ich mich auf den Abend in Osterode. Ich freue mich vor allem, weil es in diesen Zeit wichtiger denn je ist, gemeinsam zu lachen. 


Wie hat die Pandemie  die Branche verändert?

Ich spüre immer noch eine gewisse Zurückhaltung. Neulich war ich bei den Wühlmäusen in Berlin. Dort habe ich immer 5 Konzert vor ausverkauften Haus gespielt. In diesem Jahr waren es bestenfalls 400 von 520 möglichen Zuschauern pro Veranstaltung.

Das finde ich so schade. solche Momente sind aus meiner Sicht wichtiger denn je. Wenn jemand meint, mit Maske in meinen Konzerten sitzen zu müssen, dann kann er das gern tun. Dagegen habe ich nichts. Aber wir müssen wieder mit einander fröhlich sein. Das ist das wichtigste.


Können Sie der Pandemie etwas Positives abgewinnen?

Meine Ehe funktionierte bis Corona deswegen so gut, weil ich viel unterwegs und selten zuhause war. Aber nun waren meine Frau und ich mehr als anderthalb Jahre täglich zusammen und ich finde, wir haben das sehr gut hinbekommen. Wir sind uns nicht auf die Nerven gegangen, wir haben uns nicht gelangweilt. Damit hat die Corona-Zeit uns als Paar weitergebracht. 


Bernd Stelter kann auch
nachdenklich.
Foto: M. Esser

Ausgangspunkt Ihres aktuellen Programms sind Radio­moderatoren, die zum  Wochenstart herumnörgeln. Um welche Sender machen Sie mittlerweile einen Bogen? 

Ich besuche weiterhin alle Sender, die mich einladen. Aber mich nervt dieses Gejammere über den Montagmorgen weil es Blödsinn ist. Sich immer auf das Wochenende auszurichten ist sehr gefährlich. Ich habe schon tolle Montage erlebt und eine ganze Reihe von schlechten Samstagen. 


Raten Sie Menschen, die nur aufs Wochenende  starren, das Leben zu ändern? 

Ja, unbedingt. Nur fürs Wochenende zu leben ist der völlig falsche Gedanke. Schon allein aus mathematischen Gründen. Das Wochenende hat nur zwei Tage, der Rest der Woche sind aber fünf Tage. 

Die einfachste Art, diese Einstellung zu überwinden, wäre es, sich beruflich zu verändern. Vielleicht haben die Radiomoderatoren, die über die Montage stöhnen, einfach den falschen Job. Die sollten sich schnell was anderes suchen.


Welche andere Empfehlung haben Sie noch? 

Es geht mir um die grundsätzliche Einstellung. Glück ist kein Zustand, Glück das sind schöne Momenten, die wir genießen sollten. Diese Momente können wir nicht in die Hosentasche stecken, aber wenn wir uns an sie erinnern, dann entsteht Zufriedenheit.

Diese Glücksmomente können wir nur erleben, wenn wir nicht immer durchs Leben hasten sondern auch mal stehen bleiben und genau hinschauen. Aber dafür haben wir Deutschen kein Talent.


Warum haben die Deutschen  dafür kein Talent? 

Bei uns muss immer alles so perfekt sein. Die Niederländer freuen sich darüber, wenn sie auf einen Campingstuhl am Strand sitzten und aufs Meer hinausschauen. Bei den Deutschen muss immer ein Wohnmobil im Hintergrund parken.

Die Skandinavier stehen aus meiner Sicht bei den Glücksbefragungen immer ganz oben, weil sie mit weniger zufrieden sind. Das dänische Wort „hygge“ bedeutet soviel wie einfach mit Freunden zusammen sein. Das gibt im Deutschen nicht. Das schwedische Wort „lagom“ bedeutet soviel wie mit weniger zufrieden sein, ¾ reicht auch. Das passt nicht zur deutschen „Ganz oder gar nicht“-Mentalität. Das täte uns aber mal ganz gut. 


Wie sieht ihr  Glückskonzept aus?

Das habe ich in meinem Buch „Wer älter wird, braucht Spaß am Leben“ erklärt. Es geht um 5 Ls. Zuerst dreht es sich ums Laufen. Warum sollte ich joggen? Ich kann doch auch gehen. Das ist mühelos und man schwitzt dabei nicht. Gehen hält auch fit und ich muss mich nicht in so lächerlich bunte Bekleidung zwängen.

Das zweite ist das Lernen. Man sollte geistig fit bleiben und immer was Neues ausprobieren. Ich bin mit 60 Jahren zum Junior-Sommelier geworden und habe viel über Wein gelernt. 

Dann sind da noch Lieben, Lachen und Loslassen. Sie machen sich keine Vorstellungen darüber, wie schön es ist, loszulassen. Unsere Kinder sind erwachsen und selbstständig. Da ist auf einmal viel Raum für meine Frau und mich. 


Wann gibt es den nächsten  Camper-Krimi?

Inspecteur Piet van Houvenkamp ist schon wieder unterwegs. Er ermittelt bereits zu einem Verbrechen, das ander noch gar nicht bemerkt haben. Also, ich puzzle bereits am nächsten Krimi, es wird aber noch ein wenig dauern, bis er veröffentlicht wird. 


Vielen Dank für das Gespräch. 

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