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Wischmeyer: Im Ausland ist es noch gruseliger

Boshaftes und wahrhaftiges über den Alltag der Deutschen

Es dürfte sich langsam rumgesprochen haben: Dietmar Wischmeyer gehört zu meinen liebsten Gesprächspartner. Warum? Es ist so erleichternd, wenn jemand anderes für einen selbst bissig und böse ist. Und die Kreativität bei der Erschaffung von Begriffen, die finde ich bewunderswert bis erfrischend grenzwertig.
Als der Meister der Verbalinjurie auf akademischen Niveau ein neues Buch ankündigt, habe ich mich auch gleich um ein Gespräch bemüht.

Achtung,  Wischmeyer lauert ihnen
draußen auf. Foto: Wilde  
Herr Wischmeyer, der Untertitel ihres neuen Buchs heißt: Zu Besuch bei deutschen Menschen. Wer lässt sie denn rein?

Gute erste Frage! Chapeau! Niemand natürlich! Doch nicht alles, was der Republik-Insasse so treibt, spielt sich in dessen Freß-und Bubuzelle ab. Und draußen, da hefte ich mich an seine Fersen.






Das Grundübel allen Seins ist die Arbeit. Wie schön könnte das Leben sein, wenn die Menschen nicht vor 12.000 Jahren den Ackerbau erfunden hätten?

Dann wären wir in jedem Fall keine 7,3 Milliarden, müßten nicht aus den Federn, wenn die interne Werkssirene heulte und der Mammutjäger würde auch nicht dauernd auf seinem iPhone rumfusseln – insgesamt eine verlockende Vorstellung.






Warum gefällt es den meisten Mitbürgern in der Lebensvollzugsanstalt? Liegt es am zwölffach getrennten Müll?

Wo sollen sie sonst auch hin, im Ausland ists noch gruseliger und für die innere Immigration fehlt die Phantasie und der Arsch inner Hose.  Hauptsächlich aber ist der Mensch – mich natürlich eingeschlossen – ein faules Schwein, das überall zufrieden ist, wo die Trauben nicht allzu hoch hängen.

Woran erkenne ich, dass der Doktor mir einen Nano-Chip bei der letzten Impfung eingepflanzt hat?
Es gibt ein Chip-Lesegerät für Hunde, hat jeder Tierarzt. Wenn man nicht allzu adipös ist, läßt sich der Chip unter der Haut auch leicht ertasten. Am einfachsten erkennt man ihn aber am diabolischen Grinsen des Arztes und wenn auf der Toilettenschüssel jemand mitten im Absetzvorgang der Analfrucht unerwartet die Rosette verschließt. Dann empfängt der eingepflanzte Chip auf derselben Frequenz wie die Garagenfernbedienung vom Nachbarn.
Nehmen wir mal an, ich komme ihnen nachts in einer hohlen Gasse mit einer ganzen Flasche Krambambuli im Blut, eine Pistole im Holster und einer geschärften Axt in der Hand entgegen und habe eine Scheißwut auf meine Frau, die Elternvertreter der Klasse 9b und alle anderen Wärter in der Lebensvollzugsanstalt. Was machen Sie dann?
Nehme ihnen die Pistole ab und erschiesse sie prophylaktisch. Das ist zumindest in einigen Bundesländern erlaubt, soweit ich weiß. Zur Sicherheit bringe ich aber noch ihre Waffe bei ihrer Frau vorbei, damit deren Fingerabdrücke drauf sind.

Das Cover
Der Arzt rät: Lesen, bevor man
zur Audienz geht. Foto: Verlag
Angenommen, der Papst lädt sie zu einer Audienz ein. Gehen Sie hin?
Prinzipiell nein, da ich nicht katholisch bin und er für mich keine größere Bedeutung hat als Lukas, der Lokomotivführer. Doch als Mann steht man ja über den Prinzipien, deshalb schon. Aber den Mittelfinger mit dem Klunker ablecken – soweit ging´s dann nicht.





Wann kandidieren Sie für den Zentralrat der Aufgeklärten? Oder sind Sie schon der Generalsekretär im Zentralrat?

Wenn man dafür kandidieren muß statt berufen zu werden, ist das nichts für mich. Mein Motto ähnelt doch sehr dem der US Army: „Ich verteidige die Demokratie, ich praktiziere sie nicht.“

Wann gehen Sie mit “Ihr müsst bleiben, ich darf gehen” auf Tournee?
Wenn die großen Herden nach Süden ziehen und die Schatten länger werden. Hugh, ich habe gesprochen!





Herr Wischmeyer, und wohin gehen Sie, wenn die anderen bleiben müssen?

Nach Hauseeeeeee!






Offensichtlich leiden sie an ihren Mitmenschen. Warum sind Sie kein Eremit geworden?
Ich leide nicht an meinen Mitmenschen sondern beute ihre Verhaltensweisen für meine Publikationen aus. Außerdem klingt „Eremit“ nach schlechtem Internet-Zugang und fehlender Müllabfuhr – das ist beides nix für mich!



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