Darauf war ich nicht gefasst. Verabredet war ein Interview mit der Europaabgeordneten Godelieve Quisthoudt-Rowohl (GQR). Wir wollten uns über den neuen Förderzyklus ab 2014 und die südniedersächsischen Perspektiven darin unterhalten. Im dritten Anlauf klappt es mit dem Termin im September 2012 und das auch noch in Osterode. Zu uns gesellte sich dann auch noch MdL Regina Seeringer (RS).
Seit 1989 befrage ich Leute für Geld, aber erst im fortgeschrittenen Alter kam ich so zu meinem ersten weiblichen Doppelinterview. Dabei wurde einig Dinge deutlich: alle drei sind wir mit Hildesheim verbunden, es gibt keinen Grund, den Kopf in den Schnee zu stecken und Fördermittel allein reichen nicht, es muss auch Ideen geben.
Frau Quisthoudt-Rowohl, im Jahr 2014 beginnt die neue Förderperiode der Europäischen Union. Was kann die Region aus Brüssel erwarten?
Mein erstes weibliches Doppelinterview mit Quisthoudt- Rowohl (links) und mit Seeringer. Foto: Kügler |
Als ehemalige Grenzregion ist der Harz stark vom Förderungsgefälle betroffen. Was wollen Sie dagegen tun?
GQR: Für die nächste Förderperiode haben wir die Kriterien angepasst und die Auswahl verfeinert. Es wird auch Mittel geben für Regionen, deren Einkommen 75 Prozent oder mehr des durchschnittlichen EU-Bruttoinlandsprodukts beträgt. Hier haben wir drei neue Förderstufen geschaffen.
Mit der sogenannten Depressivität wird ein neues Modell der Förderung geben. Die Vergabe von Mittel wird sich nicht mehr starr an politische Grenzen halten. Stattdessen wird es künftig um eine Kernzone herum eine Reihe von abgestuften Fördergebieten geben.
Was versprechen Sich sich davon?
GQR: In einigen Regionen der EU haben wir damit schon positive Erfahrungen gemacht. Auf jeden Fall wollen wir verhindern, dass Betriebe verlegt werden, nur weil es im Nachbarort Gelder der EU dafür gibt.
Soweit zu den Geldern. Aber wo sind die Themen für die Region?
GQR: Der ländliche Raum bietet auch Chancen, dass müssen wir erst einmal deutlich machen. Konkret denke an vielfältige Zusammenarbeit zum Thema demographischer Wandel. Dieses Problem wird bald Gesamt-Europa treffen und hier in der Region können wir viele Beispiele für einen gelungenen Umgang mit dieser Herausforderung schaffen, Die Anpassung der Wohnumgebung ist dabei nur der Anfang.
Es muss uns gehen, ’Senioren durch Selbsthilfeprojekt ein selbstständiges Leben zu ermöglichen. Er auch darum gehen, die Erfahrungen der und das Können der älteren Generationen zu nutzen. An der Universität Hildesheim gab es dazu ein Projekt, das drei Jahre lang mit großen Erfolg gelaufen ist.
RS: Ja, aber wir brauchen auch eine gesunde Mischung und deshalb müssen wir uns auch Gedanken darüber machen, wie wir die Jungen wieder in die Region bekommen. Da könnte ein verstärktes Angebot an Weiterbildung ein erster Ansatz sein. Schließlich haben junge, qualifizierte Arbeitskräfte hohe Ansprüche an ihr Umfeld.
GQR: Ja, ich denke auch, dass wir im Moment noch nicht kreativ genug sind. Der Blick nach Japan zeigt, dass man mit den demographischen Herausforderungen auch positiv umgehen. Auch wenn sich Dinge wie ein Pflege-Roboter in Europa sicherlich nicht durchsetzen werden, bietet eine alternde Gesellschaft dennoch viele Anknüpfungspunkte für Innovationen. Um noch darauf zurückzukommen. Mit der Kombination unterschiedlicher Programm können wir künftig auch Spitzenforschung in benachteiligten Regionen fördern. Jungen Unternehmen mangelt es oft am Geld. Das europäische Parlament will mit Anschubfinanzierung Synergien von unten ermöglichen und da sehe ich an der TU in Clausthal viele Möglichkeiten. Schließlich wird hier mit einem hohen Praxisbezug geforscht und das ist die beste Voraussetzung.
RS: Wenn es uns gelingt, die Infrastruktur in der Region zu halten, dann bietet der demographische Wandel dem Harz viele Chancen.
Wenn die Chancen so gut stehen, was fehlt uns dann noch zum Erfolg?
GQR: Ich vermisse die Aufbruchstimmung. Stattdessen erlebe ich ständig ein Verhinderungspolitik nach dem St-Floriansprinzip. Nehmen wir als Beispiel die Energiepolitik. Strom lässt sich zukünftig gut verkaufen und Niedersachsen kann zum Energieexporteur werden. Aber dazu müssen wir den Strom auch transportieren. Doch viele Menschen protestieren vehement gegen die nötigen Trassen.
Aber ich trotzdem bin ich zuversichtlich, dass wir den Strukturwandel schaffen werden.
Frau Quisthoudt-Rowohl, Frau Seeringer, ich danke ihnen für das Gespräch.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen